Live aus dem Nordwest-Krankenhaus (mit Nachtrag von 18 Uhr)

So ein kleines bisschen chaotisch sind meine neuen Chemo-Buddies ja irgendwie doch. Gestern Nachmittag erhielt ich einen Anruf, dass ich zur heutigen Chemo leider doch für zwei Tage stationär aufgenommen werden müsse. Der Hintergrund sei schlicht, dass es von Seiten der Sponsoren der Studie nicht erlaubt sei, die Mitnahme-Pumpe zu nutzen. Hierüber seien sie zwar noch in Verhandlung, aber im Augenblick sei es eben nicht gestattet. Zähneknirschend packte ich also meinen Koffer, richtete mich seelisch und moralisch auf zwei Nächte im Krankenhaus ein und bestellte meinen werten Vater als Taxi für 9 Uhr am kommenden Morgen.

Wie spontan sind Sie?

Kaum geduscht, klingelte um 8:25 Uhr das Telefon. Anscheinend hatte sich das Problem mit der Pumpe über Nacht geklärt. Ich müsse nun doch nicht stationär bleiben, aber, da es heute „so richtig los geht“, wurde ich gebeten, ob ich nicht etwas früher als 10 Uhr da sein könne. Mit freudigem Blick auf die zwei gewonnenen Nächte in Freiheit stimmte ich natürlich zu, sagte Richy hektisch ab und sprang ins Hui-Mobil, um, das Glück war mir hold, sogar staufrei durchzustarten. Um 9:15 stand ich auf der Matte, und nach einem EKG ging der offizielle „erste“ Zyklus los.

Zurück in die Gegenwart – ich sitze gerade im Chemo-Sessel und versuche noch zu verstehen, was sie mir wieder alles erzählt haben. Ich wurde jedenfalls endlich randomisiert und weiß daher nicht, ob ich auch den Killerstoff DKN-01 bekomme, der ein wichtiger Teil der Studie, aber noch nirgends auf der Welt zugelassen ist. Sicher ist aber, dass ich den, bisher nur in China zugelassenen, Antikörper Tislelizumab erhalte. Ich werde das irgendwann mal genauer beschreiben. Die Kurzform ist jedenfalls: Letztes Mal lief eher außer der Reihe. Offiziell geht es erst heute so richtig los mit der Studie. Ich bekomme im Laufe des Tages nicht nur die Chemo, sondern auch die Immuntherapie und das SEK-Antikörper wird ebenfalls in meine Blutbahnen eingeschleust. Haut rein, Jungs und Mädels!

Auf Pump lebt sich’s doch am besten

Professor Dr. Götze erklärte nebenbei auch noch mal etwas genauer, was es mit der Pumpendiskussion auf sich hatte. In Deutschland sind „Mitnahme-Pumpen“ für 24 und 48 Stunden erlaubt und üblich. In anderen Ländern ist das allerdings nicht immer so. Die Patienten der Studie mussten bisher alle stationär behandelt werden, nur weil die Infusion alle 12 Stunden gewechselt werden muss. Daraufhin haben Götze und sein Team eine deutliche Email geschrieben und darauf hingewiesen, dass dieses Vorgehen Quatsch sei. Offenbar haben sich die Sponsoren der Studie überzeugen lassen. Gute Arbeit, Professor Dr. Götze und Team! Vielen Dank auch im Namen meines Nachtschlafs.

Nun ja, angeblich bin ich heute noch gute fünf Stunden hier und lasse mich vollpumpen. Ich hoffe, ich habe heute nichts weiter zu berichten. Falls doch, hole ich das natürlich zeitnah nach.

Nachtrag – die Hoffnung lag daneben

Mittlerweile habe ich seit guten drei Stunden die vertraute Pumpe umhängen. Voller Optimismus bin ich direkt aus dem Krankenhaus noch zu meinen geliebten Pfadfindern gefahren, um die Plätzchenback-Aktion der Fuchsmeute mit zu begleiten. Aber schon im Auto wurde mir klar – diesmal wird es etwas härter…

Eine kleine Aufzählung der Nebenwirkungen (ohne Gewähr):

  • Das kalte Wetter ließ keine Sekunde zweifeln: Das elendige Bitzeln in den Fingerkuppen ist mit voller Wucht zurück.
  • Mein Hals fühlt sich „erkältet“ an, allerdings ohne wirklich weh zu tun. Schwer zu beschreiben.
  • Ich niese und huste ohne Vorwarnung, und die Nase läuft.
  • Meine Rückenschmerzen sind auch wieder voll am Start.
  • Mir ist kotzübel, wenn ich etwas esse (und sei es nur eine Tablette). Trinken geht zum Glück, allerdings „verbrennen“ mir zu kalte Getränke richtig mies den Hals.
  • Und natürlich… auch das Fieber ließ diesmal nicht lange auf sich warten. Schon mit leichtem Schüttelfrost angekündigt, wurde ich von Minute zu Minute matschiger. Um 18 Uhr habe ich 39,1 Grad gemessen (und so fühlt es sich diesmal leider auch körperlich an). Zwei Novalgin (à 500mg) später sind wir um 18:30 Uhr bei 39,3. Ein gutes Zeichen, normalerweise wäre das sonst noch weiter hochgeschossen. Jetzt lassen wir sie mal wirken, und das ruhige Sitzen zu Hause wird hoffentlich auch einen Teil zur Senkung beitragen.

So! Mist, oder? Ja, das nervt. Ja, das ist echt scheiße! Aber ihr kennt meine Denke: Die Nebenwirkungen sind wichtig, damit ich auch merke, dass mein Körper jetzt kämpft und sich fleißig über den Gegner hermacht. Besondere Hoffnung setzte ich im Moment auf das SEK, das ja zum ersten Mal mitkämpft. Zeig’s dem Ficker! Ich halte das aus.

Wäre doch wenigstens Bier in den Schläuchen…