Mein VanMoof und ich

Der E-Bike-Markt ist, nicht nur durch die Corona-Pandemie, am Boomen, und auch ich gehöre seit einem knappen Jahr zu den vermeintlich tretfaulen Pedelecfahrern. Angefangen hat alles mit einem Artikel in der Printausgabe der CT. Ein smartes E-Bike mit integriertem Diebstahlschutz der Firma VanMoof aus den Niederlanden wurde dort in einem Kurzartikel vorgestellt und bekam ein recht positives Urteil. Hm… ein Fahrrad für Meuti?

Die (kurze) Vorgeschichte

Kurzer Sprung zurück: In meiner weit entfernten Jugend war ich begeisterter Radfahrer und unternahm auch des Öfteren längere Touren. Mit zunehmendem Alter ließ die Begeisterung nach und meine Zeiten auf dem Fahrrad beschränkten sich auf eher kurze Strecken; meistens um mehr oder weniger legal von Festen oder Kneipentouren nach Hause zu kommen.

Nachdem mir in den letzten Jahren aber bereits zwei Räder von Menschen, die es vermutlich nötiger hatten als ich, gestohlen wurden, hatte ich es dann ganz aufgegeben. Bis der erwähnte CT-Artikel über das VanMoof S3 meine Sehnsucht erneut weckte und ich kurzerhand zuschlug.

Das VanMoof S3 – Meine bisherigen Erfahrungen

Ausführliche Tests und Reviews des VanMoof S3 findet man haufenweise im Internet. An dieser Stelle berichte ich daher nur kurz, was mir persönlich gut gefällt und wo ich Verbesserungspotential sehe.

Vor der Fahrt ist nach dem Schrauben

Bestellt im Juni 2020 wurde die Geduld jedenfalls gleich gehörig auf die Probe gestellt. Der schon erwähnte E-Bike-Boom sorgte dafür, dass mein VanMoof erst Ende September bei mir ankam. Pünktlich zum Sommerende und mit entsprechend miesem Wetter erwies sich die Lust auf ausgiebige Testfahrten als eher eingeschränkt.

Nichtsdestotrotz war ich zunächst begeistert von dem neuen Erlebnis, mit Motorunterstützung in die Pedale zu treten und völlig entspannt dahinzucruisen. Tatsächlich fühlte ich mich ein bisschen in meine Jugend zurückversetzt und genoss es, meinen Hood auf dem Pedelec ganz neu zu erkunden.

Auto ade, Pedelec macht Laune

Das Fahren machte soviel Spaß, dass ich bisher nie gesehene Straßen und Wege in der näheren und weiteren Umgebung für mich neu entdeckte. Der Boost-Knopf, der bei Betätigung die volle Motorleistung abruft, nimmt Steigungen und Bergen jeden Schrecken und ist bis heute mein Lieblingsfeature am VanMoof. Selbst nach rund 600 gefahrenen Kilometern zaubert dieses kleine Gimmick mir heute immer noch jedesmal ein Lächeln aufs Gesicht.

Das VanMoof S3 ersetzt den Audi A6

Trotz der kalten Witterung entschied ich mich im November zu einem drastischen Schritt und meldete mein ohnehin fast nur zum Einkaufen genutztes Auto ab. Ein Fahrradanhänger war die nächste Anschaffung und sorgte dafür, dass ich auch größere Einkäufe fortan mit dem VanMoof erledigen konnte. Zwei Getränkekisten und der Wocheneinkauf passen problemlos in den Hänger und die von VanMoof geträumte autofreie Vision ist zumindest in Meutis kleiner Welt umgesetzt.

Macken und Wehwechen beim VanMoof S3

Wer ein VanMoof fahren möchte, sollte ein gewisses Maß an handwerklichem Talent oder zumindest Interesse am Selbermachen mitbringen. Das beginnt schon damit, dass man nach dem Kauf einige Dinge selbst zusammenbauen muss. Man wird hier relativ gut mit Videoanleitungen begleitet, und ich wage zu behaupten, dass man es auch mit zwei linken Händen hinbekommt. Allerdings endet es leider nicht nach dem ersten Zusammenbau.

Geht mal etwas kaputt, bekommt man in der Regel Ersatzteile zugeschickt und darf sie selbst austauschen (oder im Garantiefall gegen Kostenübernahme von VanMoof in eine Werkstatt bringen). In Foren und Facebook-Gruppen liest man sehr unterschiedliche Erfahrungen über die Qualität der verwendeten Teile. Leider ist diese bei meinem Exemplar wohl eher im unteren Bereich anzusiedeln. Vor allem die automatische Gangschaltung macht massive Probleme.

Immer wieder kommt es zu unsauberen Schaltvorgängen, die meist unter Last auftreten. VanMoof hat mittlerweile auch einige Verbesserungen an den verbauten Komponenten vorgenommen. Man fühlt sich als früher Käufer aber tatsächlich ein bisschen wie ein Beta-Tester oder auch ein Versuchskaninchen.

Leider kein seltener Anblick – Beim VanMoof ist oftmals Do-it-yourself gefragt

Seit Kauf musste ich jedenfalls bereits ein Hinterrad austauschen, einen neuen E-Shifter verbauen und dann das Rad unter einem Riesenaufwand zurück nach Holland schicken, um es dort dann doch fachmännisch reparieren zu lassen. Zurück kam es mit jeder Menge unschönen und zum Teil tiefen Kratzern, was mich nicht nur sehr geärgert sondern auch zum Hinzuziehen eines Rechtsanwaltes bewegt hat.

Ein Austauschrad wurde mir von VanMoof leider verwehrt, aber immerhin gab es eine angemessene Rückerstattung, auf die wir uns nach einigem Hin und Her einigen konnten. Ob hier das letzte Wort schon gesprochen ist, wird sich noch zeigen. Auch wenn ich es nicht hoffe – mein Gefühl sagt mir traurigerweise eher, dass bestimmt bald wieder was kaputt sein wird. Dramatischer ausgedrückt: Die Angst fährt mit.

Fazit – VanMoof macht Spaß, wenn es denn läuft

Ja, bin ich denn nun zufrieden oder nicht? Das wüsste ich ehrlich gesagt selbst gerne. Das VanMoof macht wahnsinnig viel Spaß. Für mich hat es dazu geführt, dass ich das Radfahren wiederentdeckt und sogar mein persönliches Mobilitätskonzept komplett umgestellt habe.

Aber da sind auch die immer wieder aufkommenden Qualitätsmängel, die langwierigen Auseinandersetzungen mit dem Support und die stets mitschwingende Ungewissheit, ob man sich denn nun wirklich auf das Rad verlassen kann oder nicht…

Wer keine Angst hat selbst Hand anzulegen und Geduld und Zeit mitbringt, möge beruhigt zuschlagen und in die Welt von VanMoof eintauchen. Wenn das schicke Pedelec läuft, wie es soll, macht es richtig Laune und ist für den Stadtverkehr und kleinere Radtouren wunderbar geeignet.

Wer hingegen ein Rundum-Sorglos-Paket möchte, sollte sich lieber nach einer Alternative umsehen oder abwarten, ob die zweite Generation der VanMoof S3 und X3 die bisherigen Schwächen erfolgreich abgestellt hat.

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